Herr Mutter, Sie haben von 1966 bis 1970 die Lehre als Karosseriespengler bei der Automontage Schinznach gemacht. Wie erinnern Sie sich daran zurück?
Theo Mutter: Es war eine wunderbare Zeit und ein toller Betrieb. Wir hatten immer fachlich und menschlich hervorragende Lehrmeister und wurden über das Pflichtprogramm hinaus ausgebildet. So habe ich zum Beispiel auch schmieden gelernt. Sehr interessant fand ich die Zeit in der Betriebsschlosserei und in der Spenglerei. Um die Malerei kam ich herum, weil ich einen Monat länger in der Schlosserei blieb. Unsere drei Lehrmeister waren zwar streng, nach heutigen Massstäben sowieso, aber immer korrekt und anständig. Ich hatte meine Lehre in einem anderen Betrieb begonnen und stiess dann im Lauf des ersten Lehrjahrs zur Automontage in Schinznach. Für diese sogenannte Fortsetzungslehre musste der Kanton grünes Licht geben.
Wie sah ein normaler Tag aus?
Wir arbeiteten jeweils von Montag bis Freitag von 7.00 bis 17.00 Uhr. Pro Tag mussten wir sieben Autos aufbereiten. Von Kleindöttingen, wo ich damals wohnte, konnte ich mit dem Betriebsbus zur Ausbildungsstätte und wieder zurück fahren. Das war sehr praktisch.
Erinnern Sie sich noch an ein ganz spezielles Ereignis?
Ja. Einmal habe ich am Auto eines Bundesrats mitarbeiten dürfen. Leider weiss ich nicht mehr, für welchen Bundesrat das Fahrzeug bestimmt war. Aber es war ein Plymouth Valiant – ohne Sonderausstattung. Da haben wir uns noch mehr Mühe gegeben als sonst.
Gab es noch andere Besonderheiten?
Im zweiten Lehrjahr gingen alle 16 Lehrlinge von meinem Lehrgang zusammen für eine Woche nach Oberiberg in bezahlte Skiferien. Nur die Ausrüstung mussten wir selber besorgen. Die Lehrmeister und der Direktor kamen mit uns und waren unsere Skilehrer. Dort habe ich Skifahren gelernt und später den Sport noch bis 2021 ausgeübt.
Wie beurteilen Sie die Ausbildung insgesamt?
Als sehr gut. Alle Kollegen von meinem Lehrgang machten einen guten Lehrabschluss. Dafür war die Automontage bekannt. Wir lernten speditiv, aber trotzdem genau zu arbeiten. Und ich erfuhr, was «Führen durch Zielvorgabe» bedeutet. Einmal, ich war im dritten Lehrjahr im Birrfeld im Einsatz, erreichte ich das Tagesziel nicht und musste dann am Abend als Einziger länger bleiben. So etwas vergisst man nie.
Gab es umgekehrt für gute Arbeit Belohnungen?
Ich erinnere mich, dass wir den Lehrlingslohn theoretisch verdoppeln konnten, je nach Noten der Berufsschule und des Lehrbetriebes. Für jeden Lehrling eröffnete die ASAG zu Beginn der Lehre bei der Volksbank in Brugg ein Sparbüchlein, das wir bei der Abschlussfeier überreicht bekamen. Auf diese Weise erhielt ich einen schönen «Batzen», den ich noch lange behalten habe. Ausserdem konnte ich ein Goldvreneli, das ich heute noch besitze, in Empfang nehmen, weil ich keine unfall- und krankheitsbedingten Absenzen hatte.
Wie ging es für Sie nach der Lehre weiter?
Zuerst arbeitete ich an meinem Wohnort Kleindöttingen für rund neun Monate in einer Garage als Karosseriespengler und rückte dann in die Rekrutenschule ein. Anschliessend fand ich eine Stelle in Neuenhof, wo ich rund ein Jahr und bis zum Start der Unteroffiziersschule blieb. Nach dem Abverdienen rückte ich direkt in die Feldweibelschule ein. Dann war ich noch ein Jahr in einem Karosseriebetrieb beschäftigt, ehe ich dieses Kapitel abschloss und 1973 in Dübendorf die Instruktorenschule besuchte und schliesslich Adjutant der Armee (Genietruppen) wurde. Über die Jahre war ich Ausbildner in Rekruten-, Unteroffiziers-, Feldweibel- und Offiziersschulen in den Kasernen Brugg, Bremgarten, Thun und Wangen an der Aare. In Brugg habe ich Hans Hossle, einen Kollegen von der Automontage, wiedergetroffen, der dort Schiessplatzchef war. Somit hat sich ein Kreis geschlossen.
Besteht heute noch eine Verbindung zur AMAG?
Ehemalige Mitarbeitende und Lehrlinge der Automontage treffen sich noch regelmässig. An diesen Treffen nehme ich jeweils auch teil. Ausserdem bin ich immer Autos der AMAG gefahren. Früher einen VW Käfer, dann einen VW Golf der ersten, der zweiten und der dritten Generation, zwei VW Passat und jetzt den dritten VW Tiguan.